Rezension zu “Muna oder Die Hälfte des Lebens” von Terézia Mora
Klappentext:
»Ich weiß, was du willst«, sagte er. »Du bekommst es nicht.«
Muna steht vor dem Abitur, als sie Magnus kennenlernt. Französischlehrer und Fotograf. Mit ihm verbringt sie eine Nacht. Mit dem Mauerfall verschwindet er. Erst sieben Jahre später begegnen sich die beiden wieder und werden ein Paar. Muna glaubt, in der Beziehung zu Magnus ihr Zuhause gefunden zu haben. Doch schon auf der ersten gemeinsamen Reise treten Risse in der Beziehung auf. Im Laufe der Jahre nehmen Kälte, Unberechenbarkeit und Gewalt immer nur zu. Doch Muna ist nicht gewillt aufzugeben.
Rückentext:
Der neue große Roman der Georg-Büchner-Preisträgerin und Gewinnerin des Deutschen Buchpreises.
Muna liebt Magnus. Ob und wen Magnus liebt, ist schwer zu sagen. Was geschieht mit einem Leben, das man in Abhängigkeit von einem anderen führt?
»Terézia Mora ist eine der feinsten, originellsten und furchtlosesten Stimmen der deutschen Literatur.« Tilman Spreckelsen, FAZ
Leseeindruck und Meinung sowie Inhaltszusammenfassung – SPOILERALARM:
Als ich Anfang September nichtsahnend in einen ortsansässigen Buchladen ging, und mir mein eigener Vorname in großen Buchstaben gedruckt auf einem Buchcover – das mir nebenbei erwähnt sehr gut gefällt – förmlich ins Gesicht sprang, habe ich mich erstmal riesig gefreut. Denn ehrlicherweise kommt es nicht häufig vor, dass man in Deutschland den Namen “Muna” liest oder hört. Als Kind war ich immer etwas traurig, wenn ich mir keinen Schlüsselanhänger oder keine Tasse mit meinem Namen in einem der Souvenirläden kaufen konnte. Dennoch liebe ich meinen Vornamen und bin stolz darauf ihn zu tragen. Mein Vater ist gebürtiger Syrer mit halben deutschen Wurzeln und daher tragen mein Bruder und ich sowie meine eigenen Kinder, Namen mit arabischem Ursprung. Also, der weibliche Vorname Muna stammt aus dem Arabischen und bedeutet direkt übersetzt soviel wie “der Wunsch”, “die Hoffnung”, “die Sehnsucht” oder weiter gedeutet “der ersehnte Wunsch”. Mit dem Hintergrund, dass ich das erste Kind von fünf bin, und meine Eltern etwas länger auf mich warten mussten, macht es mich noch ein bisschen stolzer, einen so bedeutungsvollen Vornamen zu tragen.
Nun war ich etwas ausschweifend mit meinem eigenen Namen. Aber vielleicht erklärt dies auch ein wenig meine Enttäuschung, dass auf den besonderen Vornamen der Protagonistin in der Geschichte überhaupt kein Augenmerk gelegt wird. Denn nach dem Lesen des Klappentextes, sprach mich die Geschichte nicht wirklich an. Als ich mir schließlich die Leseprobe durchlas, wurde ich doch ein wenig neugierig, wie es wohl weitergehen mag. Und ob sich vielleicht im Laufe der Geschichte doch die Herkunft des Namens irgendwie erklärt. Doch weit gefehlt.
Muna Appelius ist eine junge Frau aus Jüris – ein Ort in der ehemaligen DDR – deren Mutter eine alkoholsüchtige Schauspielerin und deren Vater an Lungenkrebs verstorben ist. Kurz vor dem Mauerfall lernt Muna also den mürrischen Magnus kennen und beginnt sich, meiner Meinung nach, wie eine Stalkerin – so würde man es jedenfalls heute bezeichnen – zu verhalten. Sie verbringen eine gemeinsame Nacht. Danach flieht Magnus in den Westen. Muna erfährt, dass er nach Berlin wollte. Nach dem Mauerfall beginnt sie ihr Literaturstudium – wie bereits lange geplant – ebenfalls in Berlin. Sie versucht ihn zu finden. Anfangs schreibt Muna Briefe an Magnus und beschreibt darin ihr neues Leben. Sie scheint einen Hang zu älteren Männern zu haben. Denn in Berlin beginnt sie eine lockere Affäre mit einem Dozenten aus Schottland. Bartley – der Dozent – geht zurück nach Schottland. Muna geht für zwei Auslandssemester nach London. Erst denkt man, dass sie nun das gleiche Verhalten an den Tag legen könnte, wie mit Magnus, aber sie möchte den Dozenten gar nicht wieder sehen. In London landet sie schließlich irgendwann als Babysitterin in einer kleinen Familie. Der Vater der Kinder entpuppt sich als ein selbstsüchtiger Schriftsteller und die Mutter arbeitet sehr viel. Insgeheim wünscht sich Muna, dass der Vater sie sieht, aber andererseits mag sie ihn nicht. Sie reflektiert die Beziehung der beiden Elternteile und erkennt, dass sie eine toxische Beziehung führen.
Anschließend führt sie das Studium nach Wien. Dort lernt sie die emanzipierte Ingrid kennen. Ingrid ist wissenschaftliche Mitarbeiterin der Uni und Muna beginnt für Ingrids Forschungsprojekt zu arbeiten. Dort wird sie immer selbstbewußter und emanzipierter. Sie unternimmt viel mit der Clique von Ingrid und so kommt es, dass sie eines Tages alle zusammen nach Berlin reisen, da sich eine Freundin von Ingrid in die Stadt verliebt hat und ihren Freunden gerne die Kultur näher bringen möchte. Sie gehen in Berlin zusammen in ein Theaterstück, das Muna nicht versteht und langweilig findet. Sie beginnt, sich im Publikum umzusehen und sieht einen Mann, der es ihr gleichtut. Ihre Blicke treffen sich und Muna erkennt Magnus in diesem Mann. Anschließend stürzt sich Muna in eine Beziehung mit ihrer ersten großen Liebe Magnus, den sie sieben Jahre gesucht hat. Diese Beziehung entpuppt sich als sehr toxisch. Magnus scheint oft von Muna genervt und wird gewalttätig. Muna nimmt ihn immer wieder in Schutz und versucht ihn nicht zu reizen. Auch vor ihren Freundinnen verteidigt sie ihre große Liebe, obwohl diese erkennen, dass er ihr nicht gut tut.
Magnus ist mittlerweile ein bekannter Professor für Germanistik und kann es nicht leiden, wenn sich Muna mit Kollegen – die ja auch ihre Kollegen sind – über fachliche Themen unterhält. Erst führen sie eine Fernbeziehung zwischen Wien und Berlin. Muna arbeitet mittlerweile bereits an ihrer Doktorarbeit. Immer wieder legt sie die Arbeit nieder, um Magnus zu gefallen. Sie zieht schließlich nach Berlin – aber natürlich nicht mit ihm zusammen. Schließlich folgt sie Magnus nach Basel – der dort eine Stelle annimmt. Muna probiert sich dort als braves Hausmütterchen und merkt schnell, dass das nichts für sie ist. Im gesamten Verlauf der Geschichte, übt Muna so viele verschiedene Gelegenheitsjobs aus, die ich gar nicht mehr alle aufzählen kann. Magnus scheint immer wieder vor Muna fliehen zu wollen, aber sie möchte es nicht wahrhaben und folgt ihm. Schließlich nimmt er eine befristete Stelle in Kanada an und meldet sich nach Ende bei ihr, um sich von ihre zu trennen. Er ist anschließend nicht mehr für Muna erreichbar. Daran zerbricht sie und landet schließlich im Krankenhaus. Sie versucht ihn immer wieder zu finden und beginnt wieder in das alte Stalkingmuster zu verfallen. Aber er bleibt verschollen. Nirgends gibt es ein Lebenszeichen von ihm.
Am Ende zieht es Muna wieder nach Berlin und sie beendet ihre Doktorarbeit. Sie nimmt verschiedene Jobs in Verlagen an, da sie nie wieder wissenschaftlich arbeiten möchte. Aber auch die Verlagsjobs erfüllen sie nicht, da sie nicht als Lektorin – was eigentlich ihr Traum war – arbeiten darf. Muna beginnt eine neue Beziehung mit einem Mann, der eigentlich perfekt zu ihren Vorstellungen einer erfüllten Zukunft passt. Allerdings erkrankt sie an Brustkrebs und verlässt ihn. Kurz nach der Strahlentherapie versucht Muna durch künstliche Befruchtung schwanger zu werden – was jedoch immer scheitert. Hier hat sie immer noch Magnus im Hinterkopf. Schließlich wird sie Teilhaberin einer kleinen Buchhandlung und geht darin voll auf. Sie beginnt sich selbst zu verwirklichen und veröffentlicht ein Buch mit Kurzgeschichten. Bei der Feier zum zweijährigen Bestehen der Buchhandlung und der Hochzeit der anderen Teilhaberin trifft Muna wieder auf Magnus…
Das Ende lasse ich jetzt mal offen und sage nur so viel, dass es mich sehr verstört und verwirrt hat. Im Großen und Ganzen hat mich die gesamte Geschichte verstört. Als ich das Buch gestern zugeklappt habe, wußte ich erst nicht, was ich davon halten soll. In der ersten Hälfte des Buches geht es eigentlich nur um Muna und ihre Stationen des Studiums. Das zieht sich und ist sehr zäh. Erst in der zweiten Hälfte des Buches geht es um die verstörende Beziehung von Magnus und Muna – somit auch um den Verlust der Selbstverwirklichung der Protagonistin. Dort passiert so viel, dass ich als Leserin teilweise etwas überfordert war. Mich irritiert, dass Muna zwar andere Beziehungen kritisiert und für toxisch erklärt, selbst aber den gewalttätigen Liebhaber in Schutz nimmt. Das war mir ehrlicherweise etwas zu viel. Gestört hat mich ein bisschen der Schreibstil von Terézia Mora. Es kam nur indirekte Rede vor und teilweise war nicht ersichtlich, wer was gesagt hat. Gedanken der Ich-Erzählerin Muna wurden immer in Klammern gefasst. Außerdem wurde viel im Buch gestrichen und geschwärzt. Das sollte sicherlich dazu dienen, den inneren Konflikt von Muna zu verdeutlichen, aber mich persönlich hat es im Lesefluss gestört. Da hätte es bestimmt auch elegantere Lösungen gegeben.
Im Übrigen ähnelt das veröffentliche Buch der Protagonistin sehr dem eigentlichen Buch. Alles in Allem sage ich, man kann es lesen, muss es aber nicht. Außerdem fehlte mir die viel kritisierte Triggerwarnung, die es jetzt in fasst jedem New Adult Roman gibt.
Fazit:
Verstörend und verwirrend. Man kann es lesen, muss es aber nicht. Lesenswert? Ja, aber es ist auch nicht schlimm und man verpasst auch nichts, wenn man es nicht gelesen hat. Ich bin mir nicht sicher, ob ich es weiterempfehlen würde. Übrigens bleibt meine Frage offen, wie die Protagonistin zu dem Vornamen kam. Das stört aber höchstwahrscheinlich nur mich persönlich. Anderen wird das bestimmt überhaupt nicht aufgefallen sein.
Liebe Grüße,
Eure Muna
Vielen Dank an den Luchterhand Literaturverlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplares.
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